Ameisen

Meine Freundin hat mich verlassen. Der Grund war dieses Mal echt gerechtfertigt.
Es war wegen eines Kühlschrankes. Und wer meine Kühlschrankgeschichte gelesen
hat versteht das auch vollkommen. Egal, ich war traurig und wollte mir ein Frustbier
holen. Dass ich den Schlüssel zu meiner Wohnung habe liegen lassen merkte ich
erst als die Tür schon zu war. Mist eh. Aber Geld hatte ich, reicht um mit ein paar
Flaschen Bier zu einer Freundin zu gehen, wo der Zweitschlüssel liegt. Aber, ich war
gerade dabei die Treppen nach unten zu gehen, bemerkte ich, wie aus einem kleinen
Erdhaufen direkt vor meiner Tür sich einen Schlange von roten Waldameisen
den Weg nach unten bahnte. Komisch dachte ich mir, ich glaub ich steh im Wald,
dachte ich mir. Kurzfristig war der Frust verflogen, die Lust auf Bier noch da, aber
Neugier manifestierte sich in meinem Gehirn: Wohin die wohl gehen?

Ich folgte der also der Schlange von roten Waldameisen von der 4ten Etage nach
unten, draußen angekommen stellte ich fest, dass die Ameisen, nicht etwa wie ich
es vermutet hatte, irgendwo ein größeres Nest hatten sondern dass diese
seltsamen Tiere weiter in Schlange sich den Weg nach draußen bahnten. Über die
Straße, eine kleine Mauer hoch, die für mich auch kein Hindernis darstellte, die
dahinter liegenden 15 Meter nach unten allerdings schon. Ich dachte nach, ging zu
meinem Späti des Vertrauens und holte mir wohl wissentlich, dass ich eine längere
Reise vor mir hatte eine Kiste Porter. Zurück zu der Stelle wo die Ameisen ohne
Probleme eine senkrechte Wand nach unten krabbelten. Ich öffnete das erste Bier
verschnaufte kurz und nahm einen Umweg von ca. 2 km in Kauf um dann letzten
Endes wieder auf Höhe der Schlange von Ameisen zu sein.

Diese marschierten munter geradeaus weiter und machten mich immer neugieriger!
Wo wollten diese Tiere denn nur hin? Ich folgte ihnen, nach einigen weiteren
Metern stand ich direkt vor der Spree und dachte mir so jetzt aber, „Mh“ ihr Ameisen
was macht ihr jetzt? Ich hatte den Gedanken kaum zu Ende gedacht, sah ich wie
diese Tiere mit Hilfe von Streichhölzern und einer Nylonschnur sich eine Brücke
gebaut hatten und so das scheinbar unüberwindbare Hindernis locker meisterten.
So für mich wurde es jetzt aber brenzlig, denn so geübt in Brücken bauen bin ich dann
auch wieder nicht. Da mir ein erneuter Umweg von diesmal mehr als 2 km dann doch
zu doof war, habe ich gewartet bis ein kleines Boot kurz vor der Streichholzbrücke war
und habe dann in diesem Moment mit einem gezielten Wurf den Bootsinhaber
ausgeschaltet. Sprang ins Wasser, schwamm zum Boot und war während des
Schwimmens mächtig stolz auf mich gerade einer nicht zählbaren Schar an Ameisen
das Leben gerettet zu haben.

Ich war fast auf der anderen Seite, da musste ich mit Erschrecken feststellen, dass
ich meine Kiste Porter habe stehen lassen. Man man man wie kann so was nur
passieren, zumal ich mich noch über den Verlust der einen Flasche mit der ich den
Bootsbesitzer ausgeschaltet habe tierisch aufgeregt hatte. Also prompt wieder zurück,
Bier geholt und dann weiter den Ameisen nach. Diese gingen immer noch völlig 

unbehelligt weiter geradeaus über eine Wiese direkt auf ein Hochhaus, mindestens
70 Meter hoch, zu. Vor dem Hochhaus staunte ich nicht schlecht, als die Ameisen auch dort
direkt an der Wand nach oben marschierten. So jetzt haste aber ein Problem dachte
ich mir. Trank 5 Bier auf ex, bestellte mir ein Taxi zum nächsten Outdoorbedarfladen
und kaufte mir dort Steigeisen und eine Spitzhacke. Da bald der Winter einkehren
wird sicherheitshalber noch ein Zelt, eine Isomatte und einen Schlafsack, so einen
der auch bei diesen Freaks hohen Andrang findet, die den Mount Everest besteigen.

Zurück am Hochhaus schnallte ich mir die Steigbügel an, zog mir die Jack Wolfhaut an,
na klar auch aus dem Outdoorladen und fühlte mich richtig gut. Mensch
endlich machst mal was anderes als nur saufen. Kletterte also mit den ganzen
Utensilien die 70 Meter nach oben. Musste zwischendurch aber mal immer wieder
Pause machen, da mich entweder das Fernsehprogramm oder das Sexleben der
Hochhausbewohner interessierte. Nach 7 Stunden war ich dann oben.
Dort trank ich erst mal 4 weitere Flaschen Porter, bevor ihr euch wundert es ist
schon erstaunlich wie viel Flaschen Bier in den kleinen Jack Wolfhaut Rucksack gehen,
na sichi Outdoorladen, echt Hammer und wer weiß, wann man da das nächste Mal wieder vorbeikommt.

So aber weiter den Ameisen gefolgt, die noch immer munter in Schlange geradeaus
über das Dach liefen. Auf der anderen Seite des Daches musste ich feststellen, dass
die Tiere einfach wieder nur über die Mauer nach unten gingen. Verdammt dachte
ich mir, das hätten die Tiere aber auch einfach haben können. Für mich wurde es
jetzt aber wirklich richtig schwierig. Mit Steigeisen eine Hauswand runter geht nicht
und die Tür zum Dachboden war verschlossen. Ich trank 5 Bier und überlegte.
Irgendwann wählte ich die 112 schrie laut: Feuer, Feuer, Feuer in den Hörer
erklärte denen wo ich mich verschanzt hatte und verursachte somit einen Großeinsatz.
Als mich der Helikopter sicher am Boden absetzte und die Feuerwehrleute sich
wunderten warum niemand sonst aus dem Haus lief, packte ich die Gelegenheit beim
Schopf und verschwand spurlos in die Nacht.

Da mein Jack Wolfhaut Outfit mit der Täterbeschreibung einhergehen würde, entledigte
ich mich derer in dem ich die Klamotten einfach einem heranwachsenden in die Hand
drückte und verschwand ohne ein Wort hinter der nächsten Hausecke. Lief um sämtlichen
Kontrollen zu entgehen einen Umweg von 10 Kilometer einmal quer durch die Stadt.
Ich weiß nicht was mir den Weg gezeigt hat, aber irgendwann tauchten die Ameisen
wieder vor mir auf. Als ich endlich an den Anfang der Ameisenkolonne kam, stellte ich fest,
dass die erste Ameise einen Zettel auf ihrem Rücken trug auf dem Stand:

same shit differnt day!

Ich rieb meine Augen und als ich endlich wieder bei Verstand war und sich die fürchterliche Geräuschkulisse um mich herum als Wecker entpuppte, stellte ich fest dass ich auf mein Handy blickte welches mir, wie jeden Morgen mit furchtbaren Lärm und eben diesem Text symbolisierte, dass ich arbeiten muss. Ich ließ die Arbeit für Heute bleiben und rannte sofort zu meinem Psychologen. Als ich endlich dort angekommen war, staunte ich nicht schlecht als ich zwei besorgte Eltern sah, die mit bangem Blick auf ihr Kind in Jack Wolfhaut Klamotten starrten, welches Bilder von Ameisen gezeichnet hatte und diese
auf brutalste Art und Weise umgebracht hatte, ich konnte nicht alles erkennen, sah aber
Ameisen die durch Streichhölzer durchbohrt waren, Ameisen die sich an Nylonschnüren
erhängt haben und Ameisen die von Hochhäusern sprangen...

Ich komm wann anders wieder brüllte ich in die offene Tür meines Psychologen.


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